Montag, 2. Juni 2014

Teil 7: Abschliessende Gedanken

Wir haben auf unserer Reise neben wunderschönen Landschaften in Russland auch viel Beeindruckendes gesehen, insbesondere in China, das einen nachdenklich macht.

Diese Grösse, das augenfällige Tempo des Wachstums, dieses Potential an Macht, an Einflussnahme, aber letztlich auch der Ressourcen-Verbrauch und die Umweltzerstörung, das ist schon immens.

Natürlich kann ich nach einer einwöchigen Reise in China nicht abschliessend Gültiges über das Land aussagen, aber ich kann durchaus ein paar persönliche Gedanken aufschreiben.

Man vergleicht auf Reisen automatisch immer alles mit der Schweiz.

China hat ja zweifelsohne im Vergleich zu uns eine autoritäre, diktatorisch orientierte Verwaltung und Regierung.
Doch hatte ich nirgendwo den Eindruck, die Leute seien unterdrückt oder unzufrieden.
Ich glaube, dass dieser Koloss von einem Land nur mit straffer Führung, Ordnung und gültigen Regeln verwaltet werden kann.
Da wird wohl einfach von oben herab bestimmt und ausgeführt, meistens oder immer zum Wohle des gesamten Volkes. Dabei gibt es aber immer auch Verlierer, und diese dürften in China dann gar nichts zu melden haben.

Wie anders bei uns in der Schweiz.
Wir schützen die Minderheiten, jeder kann seine persönlichen Rechte bis zum Abwinken verteidigen, bei uns wird die Freiheit, Individualität und Selbstverwirklichung geradezu zelebriert.

Beispiele dieser gänzlich unterschiedlichen Ordnung?

1.) z.B. Sprayereien - habe ich in China nie beobachtet.

Hier z.B. eine Personenunterführung in Xi'an aus Marmor, mit ganz schönen Stadtbildern:


Als Gegensatz unsere Bahnhofunterführung in Hindelbank:


In der Nähe des Bahnhofs Bern sind fast sämtliche Wände entlang der Eisenbahn versprayt, auch Güterwagen werden mittlerweile verschmiert:




2.)  Weggeworfener Abfall

Hier beispielsweise Reinigungspersonal in Irkutsk - alle Städte in Russland und China sind blitzsauber.


Bei uns werden die Strassen und Plätze ja auch gereinigt. Den Unterschied macht aber die Mentalität aus.  In China nimmt sich (wohl besser) niemand die Freiheit, einfach alles überall wegzuwerfen.
Bei uns soll ja sogar ein "Littering"-Gesetz in Arbeit sein - welches Armutszeugnis für unsere Gesellschaft.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir mit unseren individuellen Rechten und Freiheiten an Grenzen stossen, respektive diese längst überschritten sind.
Weiteres Beispiel:

3.) Bei uns gibt es offenbar ein ungeschriebenes Recht auf Vermummung, damit können Chaoten in der Masse unerkannt ganze Stadtteile kurz- und kleinschlagen - die Behörden sind mehr oder weniger machtlos.
Ich habe mich dazu im Internet über "Vermummungsverbot" umgeschaut:

Einige Kantone, so auch Bern, kennen ein Vermummungsverbot. Dieses könne aber aus "polizeitaktischen Gründen" bei Demonstrationen oft nicht angewendet werden.

Eine Motion verlangte 2013 die schweizweite Einführung eines Vermummungsverbots.
Ablehnende Antwort des Bundesrats vom 28.8.2013:
"... Insbesondere wird durch ein Vermummungsverbot ein Verhalten für strafbar erklärt, das für sich allein genommen kein konkretes Rechtsgut unmittelbar bedroht.  ...
Es ist schwer einzusehen, weshalb eine Person, welche an einer friedlichen Demonstration das Gesicht verdeckt, eine Bedrohung für unsere Rechtsordnung darstellen und daher allein wegen dieses Verhaltens bestraft werden sollte...."

Juristische Kleinkrämerei ist das. Also können die Chaoten ruhig weitermachen, so wie letzthin am Cupfinal, oder beim sog. "Tanz-dich-frei"-Anlass.

Sollten sich doch vermummte Chaoten einmal in China auf einen Saubannerzug machen - gute Nacht dann; ich bin überzeugt, die chinesischen Behörden hätten dafür sehr rasch die passende Antwort parat.



Ich wünsche mir ja nicht die chinesische Autorität zu uns.
Aber ich denke, China hat das für dortige Verhältnisse einzig mögliche und richtige System, so wie wir das für unser Land über Jahrhunderte gewachsene freiheitliche System haben.

Aber man kann diese Ordnungen nicht einfach austauschen!
Wir, vor allem die Medien! sollten aufhören, unsere Freiheiten für die ganze Welt als das beste aller möglichen Systeme exportieren zu wollen!





Mir ist auf dieser Reise so richtig bewusst geworden, wie klein - und auch unbedeutend - die Schweiz ist. Das wusste ich natürlich schon immer, aber es ist mir hier ganz intensiv vor Augen geführt worden.

Der Lauf der Welt in die Zukunft wird anderswo entschieden, und ganz bestimmt nicht am Stammtisch im Emmental!



Alfred Lehmann



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2 Kommentare:

  1. Jetzt hab ich mich endlich durch deinen Reisebericht gelesen... war sehr interessant und lehrreich...viel habt Ihr gesehen und erlebt...es wäre keine Reise für mich...ich mag weder langes Zug fahren, noch Grossstädte oder grössere Menschenansammlungen...um den Schönheiten der Natur dort auf die Spuren zu kommen, müsste man wohl länger dort sein und das zu Fuss ...aber da wärst du wohl noch nicht wieder zurück ;-) Mir wird fast übel, wenn ich sehe, was die Menschheit mit ihrem Grössenwahn, Gigantismus, Selbstdarstellungstrieb der Natur an tut. Natürlich ist auch bei uns nicht alles eitel Sonnenschein, wie du richtig sinnierst, aber ich ziehe es dankbar vor, mein kleines bisschen Leben hier in dieser "heilen" Welt zu fristen ;-)
    Liebi Grüess Ruth

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  2. Gell, das dauert lange, diesen Bericht zu lesen! - und dann erst ihn zu schreiben!!
    Aber ich bin froh, dass ich nun schon alle Fotos sortiert und ausgelesen habe.
    Jedem das Seine halt- ich fahre gerne im Zug, und ich bin froh, dass ich diese weite, grossartige Landschaft durchqueren konnte. Der Zug ist dafür das einzig richtige Vehikel, sonst käme man nirgends hin, und im Flugzeug sieht man sowieso nichts.
    Stadtbesichtigungen sind auch nicht meine Lieblingsbeschäftigung, aber sie gehören halt auf so einer Reise einfach dazu (und waren im übrigen auch sehr interessant!) - mich faszinierte aber vor allem die Landschaft, und die Reise bot auch dafür (nebst dem Blick aus dem Zugfenster) einiges!
    Aber ich bin einverstanden, ich freue mich auch wieder auf meine Mittwochstouren in heimischem Gelände - und ich lese auch immer gerne in Deinem Blog.
    (Für allfällige Leser dieses Kommentars: Ruth hat einen eigenen Blog mit stets wunderschönen Naturaufnahmen! Zu finden: zurück zu meinem Hauptblog "mittwochstouren14.blogspot.com", dort rechts unterhalb des Blogarchivs: Blogs, denen ich folge: "Fotografie ... aus Liebe zur Natur". Sehenswert!
    Alfred

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