Montag, 2. Juni 2014

Teil 3: Baikalsee - Peking

Der Baikalsee

Der Baikalsee ist riesig!
Er misst 670 x 80 km und beinhaltet einen Fünftel (!) des gesamten flüssigen Süsswassers der Erde (d.h. also ohne das antarktische Eis).



Total sauberes Wasser, hier schon mindestens 1 m tief.

Hier am Ufer des Baikalsees beginnt eine der speziellen Attraktionen unserer Reise.
Dieses Gleis von ca. 30 km Länge entlang des Sees wird nur noch von unserem Zarengold-Zug befahren, die normale Strecke der Transsibirischen Bahn nimmt einen anderen Weg.
Unser Zug tuckert nur mit etwa 20 km/h dem See entlang, und wir können gruppenweise auch einmal auf der Diesellok mitfahren.





Und dann:  An einer schönen Stelle hält der Zug an, alle steigen aus, und die Zugsmannschaft serviert ein Grill-Essen am See!



Einige Unentwegte gehen sogar ins 4 Grad kalte Wasser schwimmen - ich bin nicht unter ihnen.



Aber:


So erleide ich denn hier und heute, an diesem 17. Mai 2014 an diesem wunderschönen Ort am Baikalsee meine Pensionierung.

Wenn sich auch in den letzten Monaten und Jahren ein paar Boten der zunehmend reichlich vorhandenen Jahrringe bemerkbar gemacht haben, so kann ich mich doch sehr, sehr glücklich und dankbar fühlen, dass ich ein ganzes Arbeitsleben lang von grösseren Unfällen und schweren Krankheiten verschont geblieben bin!
Ich möchte denn auch meine Arbeit im bisherigen, etwas reduzierten Rahmen gerne weiterführen - ich fühle mich noch keineswegs "burn out".

Und ich werde mir auch viel Zeit nehmen für meine Mittwochstouren!


Bei der langen Reisepause mache ich mich auf den Weg auf einen umliegenden Hügel.







Wir fahren dann die ganze Nacht durch weiter, und am kommenden Morgen geht die Sonne immer noch über dem Baikalsee auf:



Ulan Ude

In Ulan Ude, der letzten russischen Stadt, gibt's nochmal eine Stadtbesichtigung mit Besuch eines buddhistischen Tempels.
Ich staune über die für uns ganz fremdartigen Bräuche.








Hier die farbigen Gebetstücher, die ihnen viel bedeuten. 












Im Konzertsaal von Ulan Ude erleben wir eine schon sehr orientalisch anmutende Darbietung von mehreren Musik- und Tanzgruppen:





Hier in Ulan Ude steht auch der grösste Leninkopf überhaupt.


Ich habe etwas Mühe mit dieser Diskrepanz, haben wir doch im Ural Gedenktafeln für zehntausende Opfer seiner Schreckensherrschaft gesehen - und nun steht in fast jeder Stadt eine Statue von ihm.



Hier die Gedenktafeln im Ural von zahllosen Lenin-Opfern.

Der Reiseführer erklärt mir, dass Lenin halt trotz all seiner Greueltaten das Sinnbild für eine neue Weltordnung geblieben sei.









Seine Existenz liege sehr weit weg in grauer Vergangenheit und die Leute hier hätten andere Sorgen als die Frage, ob die Statuen nun zu Recht da stünden oder nicht.

(Gruss an all jene, die sich mit der "Aufarbeitung" der alten Schweizer Geschichte zerfleischen..!!)


Weiter geht die Reise durch das schöne Selengatal leicht ansteigend in die prämongolische Steppe.




Die Vegetation wird karger, wir nähern uns der Grenze zur Mongolei.





Mongolei

Zunächst fahren wir durch eine karg besiedelte hügelige Steppenlandschaft.



Der Blick aus dem fahrenden Zug ist faszinierend und abwechslungsreich, eine reizvolle Landschaft.



Doch so sehr ich die Landschaft der Mongolei bewundere - über die Hauptstadt Ulaan Baatar kann ich nicht nur Positives berichten.
Die Stadt hat jetzt 1,2 Mio Einwohner, was einen Drittel der Bevölkerung der Mongolei ausmacht.
Nach meinem Eindruck ist die Stadt in den letzten Jahren in einem Tempo gewachsen, bei dem die Infrastruktur und die Nachhaltigkeit nichts mehr verloren haben.
Geplant wird dann später einmal - wenn überhaupt.



Ich werde den Eindruck nicht los, dass es hier nach dem Motto geht "s' hett solangs hett - nach uns die Sintflut".
Es gibt keinen öV, keine Trams oder Metro, alle verstopfen mit ihren Autos die viel zu kleinen Strassen.

Mehr oder weniger improvisiert anmutende, nicht eben vertrauenswürdige Leitungen versorgen die Stadt - wahrscheinlich mit Warmwasser.



Doch zum Schluss auch noch zwei Bilder, wie sie die dortigen Stadtbehörden bestimmt lieber zeigen würden - man kann ja nicht so sein.



Ich muss hier festhalten, dass meine Beschreibung nicht ein abschliessendes Urteil, sondern nur mein ganz subjektives Erleben von einem sehr kurzen Aufenthalt ist.


Wir verlassen die Stadt mit einem Car zu unserem Jurtencamp, wo wir übernachten werden.

Auf der Ueberlandstrasse herrscht weitgehend Anarchie.
Aus der fahrenden Kolonne heraus wird dauernd zum Ueberholen angesetzt. Ich habe in der einen Stunde Fahrt wohl ein Dutzend waghalsige, um nicht zu sagen kriminelle Ueberholmanöver beobachtet - auch von unserem einheimischen Carfahrer.
Ich habe mich beim Reiseleiter beschwert, der dann den Chauffeur zu mehr Zurückhaltung aufgefordert hat.

Es ist nun überhaupt kein Zufall, dass wir ausgerechnet hier an einem sehr schweren frontalen Verkehrsunfall vorbeigefahren sind, der uns allen in schlimmer Erinnerung bleibt.




Gegen Abend kommen wir in unserem Jurtencamp in den umliegenden Bergen an.

Für das letzte Abendlicht besteige ich noch eine kleine Anhöhe:


Wir wohnen in der Nr 15.
Alle Jurten sind für 2 Personen ausgestattet, einfach und zweckmässig, in der Mitte hat es einen Holzofen.




Am Abend wird vom Hilfspersonal kräftig eingefeuert, wir beginnen die Nacht bei gut 30 Grad, dann kühlt es langsam ab und wir ziehen eine Decke um die andere über (draussen ist es unter Null).
Zweimal in der Nacht schleichen die Helfer herein und füllen wieder Holz und Kohle ein - und alles beginnt wieder bei 30 Grad..

Am späten Abend muss ich noch ein Bild in der absoluten Stille und Finsternis machen - das Helle am Horizont ist ein Rest des Abendlichts und mit Sicherheit nicht eine Stadt in der Ferne.
So etwas sieht man in unseren Breiten nie mehr!


Am nächsten Morgen können wir die Jurte einer einheimischen Familie besuchen und wir vernehmen allerlei über ihre Bräuche und Lebenweise (die einheimische deutschsprechende Leiterin übersetzt für uns).


Die Mongolen, insbesondere die Nomaden, sind ein ausgesprochenes Reitervolk.

Der Mann erzählt:



Ein Sturz von einem Pferd mit beispielsweise einem Arm- oder Beinbruch ist hier ein schwerwiegendes Ereignis.
Der Verunfallte werde zu Männern gebracht, "die das richten können" - was immer das denn heissen mag.

Da kommt mir doch unweigerlich der Gedanke an MRI, Vacuped, usw ...  ???






Am Nachmittag gehe ich alleine auf eine kleine Wanderung in der Umgebung. Ich ziehe das einer Carfahrt zu speziellen Felsformationen vor.


Ich nehme mir als Ziel den kleinen Felsen am Horizont vor.


Das ist doch schon fast unglaublich: Während ich in der Einsamkeit der Mongolei auf dem Bauch liegend diese Blumenbilder mache, nähern sich auf einmal zwei schweizerdeutsch sprechende Frauen aus dem Gebiet des Walensees, die hier auch auf Wanderung sind!

Und sie haben gar nichts mit unserer Reise zu tun, sie sind auf individueller Reise mit "normalen" Zügen unterwegs und haben zufälligerweise auch ein paar Tage in der gleichen Jurtensiedlung übernachtet... !!
Viele Grüsse also an den Walensee!


Ein Blick zurück aus der Distanz auf unsere Jurten.
Die heutige kleine Wanderung würde übrigens schon fast als "Mittwochstour" durchgehen!





Zuletzt gibt's vor unserer Abreise noch eine Demonstration im Bogenschiessen...












.... und sie treffen unwahrscheinlich genau auf weit über 100 m!...









....  sowie eine Reit-Demonstration - hier liest der Junge in  vollem Galopp einen Hut mit blosser Hand vom Boden auf (er hängt irgendwie auf der Rückseite des Pferdes). 


Zurück nach Ulaan Baatar, dort wartet unser Zug.
Weiter geht's in Richtung Wüste Gobi.


Nochmal eine schöne Wolkenstimmung am nächsten Morgen vom Zugfenster aus.

Die nächste Station ist ein Halt mitten in der Wüste Gobi, wo der Zug auf einem Seitengleis ein paar Stunden anhält und wir kurz (bei sehr heftigem, warmem Wind) aussteigen können.

Natürlich wälze ich mich in dieser Zeit auf dem Bauch am Boden herum:




Wir fahren dann noch ein paar weitere Stunden durch die scheinbar eintönige Wüste, die doch immer wieder (d.h. so alle 10 Minuten) eine Abwechslung bereit hält in Form von einem einzelnen Baum, einem farbigen Strauch, oder ein paar Kamelen.






Die Einreise nach China in der "kleinen" chinesischen Millionenstadt Erlian dauert ca 4 Stunden.
Hier müssen wir unseren mittlerweile schon lieb gewonnenen Zarengold-Zug verlassen, China hat eine andere Spurweite und wir wechseln für die letzten rund 800 km und eine Nacht in einen chinesischen Zug.


Vor der Weiterfahrt besuchen wir noch das Dinosauriermuseum in Erlian.
Es ist reichlich weitläufig, und überall in der Umgebung stehen Dinosaurier herum, hier herrscht keine Platznot.



























Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass die da für ihr Museum noch genügend Platzreserve haben.
Das Museum grenzt nämlich direkt an die Wüste Gobi.

Man siehts, ich könnte hier getrost aufhören mit Fotografieren.
Wir sind mittlerweile bei 37 Grad angekommen, die Luft ist immer dunstig, die Bilder werden farblos.
Ich kann daran nichts ändern.

Auf der Weiterfahrt nach Peking geht's durch sehr intensiv bewirtschaftetes Land.




Zwischendurch hält der Zug einmal für kurze Zeit in einer namenlosen 3-Millionenstadt - wir müssen uns hier etwas umgewöhnen...


.. und die letzte halbe Stunde fahren wir dann unübersehbar der Hauptstadt Peking entgegen, unserem Reiseziel.



Weiter geht's mit Teil 4 Der Zug Zarengold, oder Auswahl im Blogarchiv rechts unter dem Titelbild.


Link: Teil 4: Der Zug Zarengold




(zurück zu:  mittwochstouren14.blogspot.com)




1 Kommentar:

  1. Die Natur ist einfach traumhaft. Ich war dort in der Wüste vorletztes Jahr mit Julia,
    ich bin mir sicherwir werden es gewiß nicht vergessen :-)

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